Falk war Schuld. Genauer gesagt Hoch Falk. Das sorgte nämlich viele Wochen für unfassbar heißes, Irland-untypisches Wetter, ließ reißende Flüsse zu elenden Rinnsalen austrocknen und verwandelte grüne, saftige Wiesen zu staubtrockenen Äckern. Kein Scherz, das Hoch über Irland hieß wirklich so, ich habe ein Beweisfoto!
Einen Großteil des Rekord-Sommers 2018, der so gar nicht den sonst so milden irischen Sommern entsprach, verbrachten wir in unserem Heimat-County Clare. Schon jede Menge hatten wir bis hierhin von Irland gesehen – da war mal eine kleine Reisepause angesagt. Wir entschlossen uns also einige der heißesten Wochen unseres gesamten Irland-Aufenthalts zu Hause zu verbringen.
„Sommer-Urlaub in Irland? Wie ungewöhnlich, da fahr ich doch lieber nach Malle!“ Dabei kennt die grüne Insel nicht nur verregnete Tage und moosige grüne Hügel, sondern bietet dank seiner umlaufenden Küste auch jede Menge Strände, zahlreiche Festivitäten und andere Beschäftigungen im, am und auf dem Wasser – oft auch bei strahlendem Sonnenschein.

Beweisfoto: Hoch Falk über Irland

Vom Pitchen & Putten

Unter Pitch & Putt versteht man kleine 18-Loch-Golfplätze, die besonders für Anfänger geeignet sind. Es ist Golf, aber auf kleineren Plätzen, mit weniger Schlägern, für deutlich weniger Geld und macht super viel Spaß! Diese Abwandlung vom klassischen Golf stammt tatsächlich aus Irland und ist hier – neben den riesigen Golf-Resorts für Profi-Golfer – überall zu finden. Der Name kommt daher, dass man lediglich zwei verschiedene Schläger verwendet – einen zum Pitchen (zum Abschlagen) und einen zum Putten (Einlochen). Wir kannten es vorher auch nicht, aber da wir gleich mehrere Pitch & Putt-Plätze bei uns in der Umgebung hatten, probierten wir es eines Tages einfach mal aus und waren begeistert. Wir wurden schnell zu Wiederholungstätern und testeten mehrere Plätze. Unsere liebsten Orte, um Pitch & Putt zu spielen, befinden sich in Lahinch und in Doolin, denn sie sind direkt am wilden Atlantik gelegen. Es ist dort zwar oft sehr windig, aber die Aussicht ist so gigantisch, dass es besonders viel Spaß macht. Fast jeden unserer Besucher überredeten wir, mit uns „golfen“ zu gehen und keiner hatte es bereut. 😉 Probiert es doch beim nächsten Mal einfach aus! Übrigens ist es nicht nur für den Sommer geeignet. Pitch & Putt macht zu jeder Jahreszeit große Freude!

Auf den Spuren des vergessenen Irlands

Wer an der Westküste Irlands unterwegs ist, kennt ihn: den Wild Atlantic Way. Er führt in die entlegensten Ecken, unter anderem auch zum Aussichtspunkt Clahane (irisch: An Clochán) in der Nähe von Liscannor. Von der steinigen Küste hier blickt man über den atlantischen Ozean bis hin zur Liscannor Bay, Lahinch, Mutton Island und Spanish Point. Weiter westlich am Hag’s Head liegt das Südende der Cliffs of Moher. Aber nicht nur der Ausblick ist klasse, dieser Ort ist berühmt für seine Felsenpools und ist ein einzigartiger Platz zum Baden.
Doch noch mehr verbirgt sich hier, nämlich in der Geschichte dieses Ortes. Der Erfinder des U-Boots kam nämlich von hier! 1881 war John Philip Holland der erste Mensch, dem es erfolgreich gelang, ein U-Boot zu betreiben. Das erste moderne U-Boot nannte sich „Fenian Ram“. 1900 beauftragte die U.S. Navy offiziell die Produktion dieser Unterwasser-Boote. Bald darauf folgten auch die britische und japanische Marine.
Ob John Philip Holland wohl beim Baden in den Felsenpools auf die Idee für seine glorreiche Erfindung gekommen ist?

Bauer sucht Frau

Eines schönen Frühsommertages beschlossen wir mal einen kleinen Umweg zu fahren und bunt bemalten Schildern mit der Aufschrift „Donkey Farm“ und „Match Making Museum“ zu folgen, ohne zu wissen, was uns erwarten würde. Als wir ankamen, trafen wir auch direkt auf einige süße Esel, die wir nur allzu gerne streichelten. Ein Auto bog in die Auffahrt und wir wurden von einem alten, bärtigen Mann mit starkem irischen Akzent begrüßt. Dieser lud uns herzlich auf sein Grundstück ein und führte uns in seine Scheune. Er erzählte uns etwas über die ausgestellten Stücke – unter anderem alte Kutschen und Wagen – und führte uns dann hinüber zu einem Fernseher. Er zeigte uns einen alten Film auf VHS-Kassette über das ursprüngliche Irland. Darauf zu sehen waren Esel, wie sie Lastwagen zogen, und arme Menschen, die in Bauernhäusern wohnten. Es wirkte wie aus einer längst vergangenen Zeit, um die 100 Jahre alt. Der Mann erklärte uns, dass er noch ein junger Kerl war, als diese Aufnahmen entstanden sind. Dass man so in Irland lebte, war tatsächlich erst ca. 60 Jahre her. Kaum vorstellbar, verglichen mit der Lebensweise in Kontinental-Europa zur gleichen Zeit!
Dann erzählte er uns vom Match Making – wir hatten keine Vorstellung, was damit gemeint sein könnte. Er erzählte, dass er der letzte übrig gebliebene traditionelle Match Maker auf der ganzen Welt sei. Er führe die Familientradition fort, die wohl leider mit ihm aussterben würde. Er kramte ein großes, schweres, in abgewetztes Leder gebundenes Bündel voller alter Papiere hervor. Das seien alles Akten der Menschen, die er, sein Vater und sein Großvater zusammengeführt haben. Beim Match Making wurden nämlich damals bis heute alleinstehende irische Bauern mit heiratsfähigen Frauen verkuppelt. Ein altmodisches, irisches „Bauer sucht Frau“ sozusagen. 😉 Noch immer kann man ihn dafür kontaktieren. Dazu benötigt er keine Online-Datenbank und keine Dating-App – alles läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda, Briefe und Menschenkontakt. Willie Daly kennt all seine Kunden persönlich. Er behauptet, er hat in seiner mehr als 50-jährigen Match-Making-Karriere bereits mehr als 3000 glückliche Paare gematcht, die zum Großteil noch immer zusammen sind oder bis zum Ende zusammengeblieben sind. Er nahm unsere Hände und legte sie auf sein mehr als 160 Jahre altes Matchmaking Book, das seit mehreren Generationen in seiner Familie weiter vererbt wurde. „Innerhalb eines halben Jahres seid ihr verheiratet“ verkündete er fröhlich. Zugegeben, bei uns hat es nicht geklappt, aber den Rest nehmen wir ihm ab. 😉
Jedes Jahr im September findet im nahegelegenen Dorf Lisdoonvarna das sogenannte Match Making Festival statt. Hierhin pilgern jedes Jahr Singles aus aller Welt, um sich zu verlieben. Zu dieser Zeit findet man Willie Daly in seinem Büro in der Matchmaker Bar an der Hauptstraße des niedlichen Ortes. Ihr könnt ihn aber auch jederzeit per E-Mail, Telefon oder Post kontaktieren. Wer mehr über ihn und die Geschichte des Match Makings erfahren möchte, kann es außerdem in seinem Buch „The Last Matchmaker“ nachlesen.

Surf-Paradies

Unter Nicht-Wassersportlern ist es wohl weniger bekannt, aber Irland gilt als eines DER Surf-Paradiese Europas. Kaum ein anderes Land kann mit solchen perfekten Bedingungen für Wellenreiter aufwarten. Wusstest du das schon? Seichte kilometerlange Strände, aber auch felsige Küstengewässer laden zum Wellenreiten im kühlen Nass ein. Dabei darf ein Neoprenanzug mitsamt Schuhen natürlich nicht fehlen. Lahinch ist einer dieser Surf-Mekkas – viele kommen nur zum Wellenreiten hier her und bleiben hier. Denn der charmante kleine Küstenort in County Clare zieht einen magisch in den Bann, so auch uns bei unserer ersten Ankunft hier. Wir waren damals ganz überrascht über die vielen jungen Leute, Hippies und Surfer. Aber auch andere Strände in der Nähe locken jährlich viele Wellenanbeter an die sonst ruhige Westküste Irlands. Wer es etwas aufregender mag, wagt sich beispielsweise an die felsige steilere Küste bei Doolin ganz in der Nähe der Cliffs of Moher.
Da wir Surf-Anfänger sind, meldeten wir uns erstmal bei einem Anfänger-Surf-Kurs in Lahinch an. Hier gibt es jede Menge Surf-Schulen mit ähnlichen Konditionen. Beim 2. Mal trauten wir es uns bereits ohne Lehrer zu. Es ist zwar sehr anstrengend und viel schwerer als es aussieht, aber es hat immer Riesenspaß gemacht. Und vom kalten Wasser ist unter der dicken Neopren-Schicht und bei dem ausgeschütteten Adrenalin auch nichts mehr zu spüren. Egal, wo ihr in Irland euren Sommer verbringt, haltet unbedingt Ausschau nach einer der zahlreichen Surf-Schulen und probiert es aus. Es ist unglaublich!

Bereit zum Surfen!

Badespaß in Westirland

Wenn man an Irland denkt, kommen einem nicht gerade Bilder von Badestränden und Planschen im Meer in den Kopf geschossen. Neben zahlreichen spektakulären Steilküsten und Klippen hat Irland etliche, atemberaubende Strände. Viele von ihnen sind kilometerlange Sandstrände, an denen man nicht nur im Sommer herrlich entspannen kann. Die oft flachen Ufer, die sich im Sommer durch die Sonneneinstrahlung erwärmen, laden u.a. zum Baden ein. Mutige trauen sich – wenn auch im Neopren-Anzug – ganzjährig ins kühle Nass, nicht nur zum Schwimmen, sondern auch zum Kayaken und Surfen.
Im Rekordsommer 2018 zog es uns ziemlich oft an den Strand und in das Wasser. Dafür mussten wir gar nicht weit fahren. Zum wunderschönen Lahinch Beach brauchten wir nicht mal 10 Minuten. Von dieser kurzen Distanz machten wir mehrmals pro Woche Gebrauch. 🙂
Ein weiterer beliebter Badestrand ist der Fanore Beach etwas weiter nördlich. Dort ist es etwas felsiger, weil die steinige Burren-Region hier ausläuft. In diesem Jahr hatten wir nur leider aufgrund der unnormal hohen Temperaturen eine Quallen-Plage, die es im fortschreitenden Sommer immer unangenehmer machte, ins Wasser zu gehen. Klimawandel lässt grüßen!

Eine Bootsfahrt, die ist lustig

Wer denkt, Irland hat nur Meer zu bieten, liegt falsch. Es gibt auch jede Menge Süßwasser-Seen. Einer der größten ist Lough Derg, der gleich 3 Countys miteinander verbindet. Die Grafschaft Clare gehört auch dazu und so entschlossen wir uns zu einer Bootstour. Die Abfahrt erfolgte von Mountshannon, wo wir uns ein Ruderboot ausliehen – lustigerweise war die Bootsverleiherin eine deutsche Auswanderin, die schon sehr lange in Irland lebte, und so kamen wir kurz ins Gespräch. Sie empfahl uns eine Tour zur bekanntesten Insel im Lough Derg, der Holy Island. Es gibt eine ganze Reihe von unbewohnten Inseln in diesem See, aber Holy Island, irisch Inis Cealtra, ist am interessantesten. Die gar nicht mal so kurze Strecke zu rudern, lohnte sich. Es erwarteten uns überraschenderweise die Ruinen einer alten Abtei aus dem 7. Jahrhundert, eine heilige Quelle und ein Rundturm á la Rapunzel, dessen Eingang etwa drei Meter über dem Boden liegt. Einige Kloster wurden hier im Laufe der Jahrhunderte gegründet. Zwischendurch wurde die Insel auch mal von Wikingern geplündert. Heute pilgern noch immer einige Menschen hier her oder man kommt einfach nichtsahnend vorbei und erkundet dieses historische Kleinod auf eigene Faust.;)

Irische Klänge

Sommerzeit ist Festival-Zeit. Ein Fest folgte auf das nächste. Anfang Juli findet immer das traditionelle Musikfestival namens Willie Clancy Summerschool (auf Irisch „Scoil Samhraidh Willie Clancy“) in der Ortschaft Miltown Malbay, einem unserer Nachbarorte, statt. County Clare gilt als Zentrum Irlands für traditionelle irische Musik und so wird hier Jahr für Jahr der berühmte, irische Musiker gewürdigt. Das Festival zieht Musikliebhaber aus aller Welt an. Eine Woche lang werden hier neben der irischen Musik auch die irische Sprache, der irische Tanz sowie die irische Kunst gefeiert. Es finden auch reichlich Kurse statt, an denen Schüler, aber auch die breite Öffentlichkeit, teilnehmen können.
Wir konnten es kaum erwarten, es selbst mal mitzuerleben! Am 7.7. war es dann endlich soweit und wir zogen abends durch die Pubs des nun menschengefüllten Dorfes. Überall spielte irische Live-Musik, später auch moderne Musik für die jüngere Generation. Die Pubs überraschen einen hier immer wieder – von außen ganz schmal und klein, verbirgt sich in ihrem Inneren noch viel mehr, als man erst hätte ahnen können. Es gibt nicht nur ein oder zwei weitere Hinterzimmer, oft verbergen sich viele Räume und große überdachte Open-Air-Flächen im Hinterhof. In solch einem schönen Pub ließen wir den Abend mit ein paar irischen Bekanntschaften noch freucht-fröhlich ausklingen. Das war einer unserer aufregendsten Abende in Irland.:)

Mittsommer-Tänze ums Lagerfeuer

Ein weiteres Festival-Highlight im County Clare ist das alljährliche Midsummer’s Eve Bonfire Festival im Innenhof des Newtown Castle in der malerischen Ortschaft Ballyvaughan. Das Burren College of Art hat hier seinen Sitz und veranstaltet dieses Fest für Jung & Alt jedes Jahr aufs Neue. Am längsten Tag des Jahres werden hier Haarkränze aus Blumen geflochten, gemeinsam musiziert, gegessen und getrunken und alles spielt sich um ein großes Lagerfeuer herum ab. Spätestens wenn die Sonne untergeht, kommt hier eine magische Stimmung auf – versprochen!

Gälische Filme in Galway

Kommen wir zum vorerst letzten Festival für diesen Sommer, dem Galway Film Fleadh. Wer uns kennt, weiß dass wir Filme und – insbesondere ich – Film-Festivals lieben. Wir fuhren also in eine unserer liebsten Städte und schauten uns eine Reihe von Kurzfilmen an. Diese waren zum Teil sogar auf Irisch/Gälisch mit englischem Untertitel, denn County Galway und viele andere Teile West-Irlands haben große Gaeltacht-Regionen, in denen man größtenteils auf Gälisch kommuniziert. Mit der irischen Sprache sind auch alte irische Traditionen und Lebensweisen verbunden, die dort noch eher als in englischsprachigen Teilen des Landes beobachtet werden können. Auf dem Galway Film Fleadh sahen wir neun Kurzfilme von in Westirland lebenden Regisseuren über genau dieses Leben in westirischen Gaeltacht-Regionen an und erlangten dadurch einen speziellen Einblick.

Die 9 Kurzfilme, die wir im Town Hall Theatre sahen, fielen unter die Kategorie „Irish Talent: Way Out West“. In dieser wurde ausschließlich ein Mix aus Dokumentationen und Drama-Filmen aus dem Westen Irlands gezeigt. Am meisten im Gedächtnis geblieben sind uns folgende Kurzfilme:

  • ♣ „Denis“ von Damien Connolly – Der Film zeigt seine schwere Reise von einer tragischen Kindheit (aufgewachsen im Waisenheim wurde er von katholischen Pfarrern missbraucht), über sein hartes Leben auf den Straßen von Galway zu seinem neu gefundenen Leben als trockener Alkoholiker. Eine Mitleid erweckendes Biopic über einen tapferen Überlebenden seines eigenen Schicksals.
  • ♣ „Smoked Mackerel“ / „Ronnachaí Buí“ von Ciarán Charles – Der mehrfach preisgekrönte, irische Drama-Film über das Erwachsen werden in einer Gaeltacht-Region zeigt die Ankunft von Irisch lernenden Schülern aus Dublin in einem abgelegenen Dorf in Connemara. Gemeinsam mit einheimischen Teenagern lernen sie das ihnen unbekannte Leben am und vom atlantischen Ozean kennen. Aber auch die ortsansässigen Heranwachsenden können noch viel von den Besuchern aus der Großstadt lernen. Ein spannender Einblick in zwei aufeinander prallende Welten innerhalb eines Landes.
  • „Bittersweet – The Rise of Diabetes“ von Hugh Rodgers – Ein Dokumentarfilm, der die persönlichen Geschichten verschiedener junger Menschen verfolgt, die mit Diabetes leben und täglich damit kämpfen, die unheilbare Krankheit im Zaum zu halten. Hochwertig gemacht, überaus lehrreich und höchst interessant – unser Favorit aller gezeigten Kurzfilme!

Na wenn das nicht jede Menge Programm für deinen nächsten irischen Sommer ist! Wir hatten jedenfalls eine super Zeit. Wenn wir mal nicht faul am Strand lagen oder zu einem der Festivals in unserer Umgebung fuhren, verbrachten wir den Sommer auch gern in unserem eigenen Garten. Der war ja schließlich groß genug, um jede Menge anzustellen – sei es eine Runde Hurling (Irlands Nationalsport), Yoga, ein leckeres BBQ oder Lesen bis zum Sonnenuntergang.

Aber der Sommer war noch lange nicht vorbei. Es erwarteten uns noch einige Ausflüge in fremde Gefilde sowie zahlreiche Besuche von Familie und Freunden, mit denen wir natürlich auch ständig auf Achse waren. Man darf also weiterhin gespannt sein.;)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert