„You’ll be blown away“ verspricht eine Broschüre über die Loop Head Peninsula, eine Halbinsel in der Grafschaft Clare. Für jeden soll etwas dabei sein – für leidenschaftliche Abenteurer, Geschichtsfreaks, Naturburschen, die Familie, Paare oder Singles. Diesen Versprechen wollten wir bei einem Tagesausflug natürlich auf den Grund gehen, zumal die Halbinsel nur einen Katzensprung von unserer Homebase entfernt liegt.

Zuvor ging es aber noch an unseren Lieblingsstrand in Lahinch, um mein neu erworbenes Weitwinkel-Objektiv zum ersten Mal zu testen. Das Wetter war wunderbar, die Temperaturen frühlingshaft mild, der Himmel blau mit lauter Schäfchenwolken. Ein leckeres Softeis gab es am Ende auch noch. 🙂

Dann ging es aber los in Richtung Loop Head Peninsula, an dessen Anfang wir nach etwa einer Stunde Fahrt ankamen. Als erstes hielten wir an einem Küstenabschnitt vor Kilkee, dem George’s Head. Das lange grüne Gras wurde vom Wind zerwühlt, die Wellen prallten laut gegen die felsige Steilküste und die Sonne küsste uns sanft. Hier setzten wir uns eine Weile nieder und genossen die Naturgewalten. In der Ferne konnten wir eine steile Felseninsel im Meer erkennen. Zu der sollte es wenig später noch gehen.

Nach einem kurzen Halt im verschlafenen viktorianischen Kilkee und dessen Stadtstrand, ging es zur sogenannten Bishop’s Island, die wir zuvor noch von weitem bewundert hatten. Wie die kleine hohe Insel mit Steilküste rundherum, die etwa 100 Meter vor dem Festland liegt und sehr unzugänglich aussieht, jemals von Bischöfen bewohnt werden konnte, ist schleierhaft. Heute zumindest wird sie nur noch von zahlreichen Seevögeln besucht. Mitsamt den rosanen Blüten, die zu dieser Zeit des Jahres überall an der irischen Küste wie Unkraut blühten, ein wunderbarer Anblick!

Weiter ging es über die gewundene schmale Küstenstraße, dem Wild Atlantic Way, zu den Kilkee Cliffs. Einst dienten sie Literaturlegenden in viktorianischen Zeiten, genauer genommen um 1891, als „feinste Bademöglichkeit in Irland“. Die Romanautorin Charlotte Bronte, die hier ihre Flitterwochen verbrachte, beschrieb die Gegend um die Klippen mit folgenden Worten:

„Solch eine wilde eisengebundene Küste mit solch einem Meerblick, wie ich ihn zuvor noch nicht gesehen habe, und solch ein Kampf der Wellen mit den Felsen, wie ich ihn mir niemals vorgestellt habe.“

– Charlotte Bronte (1854, frei übersetzt)

Nicht nur damals sondern auch noch heute begeistert die schmale Landzunge im Südwesten von Clare Hollywood-Stars wie Richard Harris oder Danny DeVito, welche ihre Kindheitstage hier vebracht oder Verwandte hier haben.
Und tatsächlich sind die Kilkee Cliffs fast genauso spektakulär wie die benachbarten berühmten Cliffs of Moher, nur weniger bekannt und deshalb auch deutlich weniger besucht. Wir hatten sie im Prinzip ganz für uns allein! Seitdem wir sie entdeckt haben, zeigen wir sie all unseren Gästen. Sie sind (fast) noch ein echter Geheimtipp 😉

Unser nächster Stopp erfolgte viel weiter südlich bei der letzten von drei atlantischen Naturbrücken, den Bridges of Ross. Die einschlagenden Wellen finden Schwachstellen, z.B. in Höhlen, und tragen den Fels an diesen Stellen immer weiter ab. Die anderen beiden brachen mit der Zeit durch die reißenden Kräfte des Atlantik ein und auch die dritte noch vorhandene ist davor nicht gefeit. So wie alte Brücken zerfallen, werden auch wieder neue Brücken geformt. In ein paar hundert Jahren könnten hier bereits wieder drei Brücken zu sehen sein.
Damals wie heute lieben es Touristen, sich auf diesen natürlich erschaffenen Brücken fotografieren zu lassen. Und so taten wir es natürlich auch! Über diese Brücke zu gehen, war schon etwas komisch. Dabei schien der Boden unter den Füßen etwas zu schwingen und etwas mehr nachzugeben als normalerweise. Einem wurde dabei leicht schwindelig und länger als nötig, muss man sich nicht darauf aufhalten. Die Einsturzgefahr ist irgendwie trotzdem immer da, auch wenn die Brücke n o c h sehr stabil wirkt. Jaja, ein Adrenalinjunkie bin ich nicht gerade…

Nun ging es zu dem Ort, nachdem die gesamte Halbinsel benannt wurde – dem Loop Head. Wie bei den meisten Halbinseln Irlands steht auf der Spitze der Halbinsel ein Leuchtturm. Auf dem Parkplatz trafen wir ein paar Deutsche, die hier mit dem Wohnwagen Urlaub machten, und unterhielten uns ein wenig mit ihnen über unseren Auslandsaufenthalt, der zu diesem Zeitpunkt, noch ganz am Anfang stand. Typisch deutsch war fast die erste Frage, was wir denn hier tun würden und ob wir auch arbeiten würden. Wir erklärten ihnen, dass wir dieses Jahr als Auszeit betrachten, aber nicht auschließen würden, irgendwann auch hier zu arbeiten. Etwas abfällig begegnete der ältere Herr „Na Sie haben ja ein Leben“ oder so. Dabei machen heute so viele ein Auslandsjahr oder ein Sabbatical. Das scheinen jedoch einige Menschen nicht zu verstehen, vor allem die älteren Generationen, die ihr ganzes Leben lang ohne Pause gearbeitet haben, weil sie es so gelernt haben und um der Gemeinschaft zu dienen.

Naja, jedenfalls erkundeten wir die Landschaft um den Leuchtturm herum erstmal ausgiebig und ließen uns mal wieder die frische Meeresbrise um die Ohren wehen. Die Sonne stand bereits recht tief, es war schon früher Abend. Falk ließ seine Drohne ein paar Runden kreisen, denn an den Leuchtturm kam man aufgrund der hohen Mauer drumherum nicht anders heran. Dabei entdeckten wir den Schriftzug „EIRE“ ganz an der Spitze der Landzunge, den man nur von der Luft aus zu Gesicht bekommt. Diesen sieht man um die gesamte Insel herum verteilt immer mal wieder. Erst neulich haben wir gelernt, dass während Kriegszeiten Flieger so schon von weitem erkennen konnten, dass es sich um neutrales Gebiet und nicht um die zu bombardierenden Feinde handelt. Diese EIRE-Schriftzüge sind also nicht erst neulich für Drohnenpiloten und Touristen kreierte Motive, sondern Relikte aus weniger friedlichen, längst vergangenen Zeiten.

Mit knurrendem Magen fuhren wir zurück. Auf dem Rückweg hielten wir pünktlich zum Sonnenuntergang in Kilkee an. Direkt im Restaurant an der Promenade mit Meerblick genossen wir Meeresfrüchte-Linguini und ein Stückchen Bailys Cream Cheese Kuchen – lecker!

Es war mittlerweile eine fast wolkenlose, sternenklare, beinahe sommerliche Nacht, wie sie selten in Irland zu finden ist. Ein letzter Zwischenstopp vor der Heimkehr war also noch nötig. Zurück in Lahinch wollte ich unbedingt den Sternenhimmel über dem Strand einfangen. Leider ist die Promenade ziemlich hell beleuchtet und dadurch lichtverschmutzt. Das Ergebnis musste ich also etwas „aufpimpen“, damit es sich für einen meiner ersten Astrofotografie-Versuche trotzdem sehen lassen kann.

Der Strand von Lahinch bei Nacht | Lahinch beach by night

Und so kam ein erfolgreicher Tag voller neuer Entdeckungen zum Ende.

Bis zum nächsten Mal,
Verena & Falk

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